
Nachruf auf Dr. Olaf Bernstengel
Dr. Olaf Bernstengel, geboren 1952 in Dresden, studierte in Leipzig Philosophie und Theaterwissenschaften und promovierte zum Thema „Das sächsische Wandermarionettentheater zwischen 1800 und 1933“.
Er war Leiter der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit und Pädagogik am Städtischen Puppentheater Magdeburg (1977 – 1981). Hier lernte ich (Johannes Richter) ihn zufällig im Foyer kennen, im Ergebnis dessen beschäftigten wir uns ab da zum Teil gemeinsam mit der Erforschung der regionalen Puppentheatergeschichte. Soweit ich mich erinnere, entstand seine erste wissenschaftliche Arbeit 1981 „Wilhelm Götze 1871 – 1954, Puppenspieler und Puppenschnitzer“. Diese umfasste 35 A4-Seiten, enthielt als Beilage 10 Fotoreproduktionen und war mit dem damals nur zur Verfügung stehenden Hektographie-Verfahren hergestellt worden. In dieser Zeit spielte er in der „Kleinen Bühne“, dem erfolgreichen Amateurpuppentheater der Technischen Hochschule „Otto von Guericke“ Magdeburg in seiner Freizeit mit.
Anschließend arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Puppentheatersammlung der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (1982 – 1993). Er war später freiberuflich tätig, u. a. als Theaterhistoriker mit zahlreichen Publikationen zur Geschichte des Marionettenspiels in Sachsen. Darüber hinaus tourte Olaf Bernstengel ab 1994 mit Mitspielern als „fundus-MARIONETTEN-dresden“.
Immer wieder setzte er sich in der UNIMA dafür ein, dass die UNIMA Deutschland eine Wissenschaftskommission betreibt. Er wollte zwar keine Posten mehr übernehmen, weil ihm selbst, wie er stets freimütig bekannte, seine Parteimitgliedschaft in der SED im Wege stand. Aber einer Kommission zuarbeiten wollte er immer. So blieb er auch der DaT-Redaktion stets verbunden und trug mit eigenen Artikeln und Gastredaktionen zur Vielfalt der Zeitschrift bei. Das DaT 86/87 zum Thema „Museen und Sammlungen“, das er maßgeblich konzipierte, ist heute noch immer international sehr beliebt.
Er kuratierte seit den 90er Jahren mehrere kleinere und größere Gastspielreihen und internationale Festivals in Ostdeutschland und holte hier auch stets gern Gäste aus Ost- und Südosteuropa. Ab 1993 war er 17 Jahre lang Intendant der Internationalen Mistelbacher PuppenTHEATERtage in Niederösterreich und bis 2018 20 Jahre künstlerischer Leiter des Internationalen Puppentheaterfestivals im Elbe-Elster-Land.
Von 2010 bis 2012 arbeitete er als Kurator für die villa p. figurenspielsammlung mitteldeutschland in Magdeburg. Zuletzt entwarf er die Konzeption für die neue Dauerausstellung im Museum für Mitteldeutsches Wandermarionettentheater, Bad Liebenwerda, die unter Einbeziehung der Brockmüller-Sammlung zu „Kaspers Welten – Die lustige Figur im Elbe-Elster-Land, Deutschland, Europa und in der Welt“ gestaltet werden soll.
Auch die 2019 initiierte Bewerbung, das Kaspertheater als Spielprinzip zum immateriellen Kulturerbe in Deutschland zu machen, ist noch maßgeblich von ihm vorbereitet worden.
Olaf Bernstengel ist am 27. Januar 2020 nach langer schwerer Krankheit in Dresden verstorben.
Johannes Richter und Silke Technau