Ab sofort ist das »Kaspertheater als Spielprinzip« im Bundesweiten Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes zu finden. Ein Antrag des Landkreises Elbe-Elster als Träger des Mitteldeutschen Marionettentheatermuseums Bad Liebenwerda, diese alte, aber überaus lebendige Spielform als immaterielles Kulturerbe anzuerkennen, ist von der Expertenkommission Immaterielles Kulturerbe bei der Deutschen UNESCO-Kommission bestätigt worden. Mit der Aufnahme in das Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes wird das »Kaspertheater als Spielprinzip« künftig unter www.unesco.de mit Text und Bild dargestellt; das Mitteldeutsche Marionettentheatermuseum als Antragsteller und Bewahrer des Kasperspiels darf zudem ein entsprechendes Logo führen.

Der Kasper ist eine zentrale Figur des Puppentheaters. ln ihm verkörpert sich ein Spielprinzip, das nicht starr ist, sondern sich mit den gesellschaftlichen Veränderungen entwickelt. Die Tradition der Handpuppen geht bis ins 14. Jahrhundert zurück: Meister Hämmerlein, Hanswurst, Putschenelle und schließlich Kasper sind ihre Namen.
Die Figuren verkörpern Charaktere, die immer und überall anzutreffen sind – stets lustig, naiv, verwegen, schlagfertig, wortgewaltig und auch etwas hintersinnig. Die Kasperfigur wurde im Puppentheater auf den Märkten und in den Straßen des 19. Jahrhunderts zu einer gefürchteten kritischen Stimme, die sich gegen Obrigkeit und boshafte Fabelwesen zur Wehr setzt. Die Figur steht auf der Seite des Publikums, nimmt dessen Ideale auf und verteidigt sie so lange, bis auch der letzte Gegenspieler auf der Bühne liegt.
Die Reformpädagogik veränderte zu Beginn des 20. Jahrhunderts das Spielprinzip der Kasperfigur. Diese wird geläutert, hilfsbereit und schlau, strahlt Lebensfreude aus und weiß sich mit Witz zu behaupten. Nach 1933 wurde die Figur der nationalsozialistischen Kulturpolitik untergeordnet. Mitte des 20. Jahrhunderts entstehen der Verkehrskasper, der Gesundheitskasper und später der Umweltkasper. Seinen ursprünglichen gesellschaftskritischen Charakter verliert die Figur dabei immer mehr. lm Zuge der Professionalisierung des Puppentheaters in BRD und DDR erhielt die Figur aber wieder kritische Züge. Puppenspieler*innen in der DDR entdeckten den Kasper in den 1980er-Jahren als Stimme wieder, die sich kritisch mit den gesellschaftlichen Verhältnissen auseinandersetzt.
Heute sind Kasperspiele unterschiedlichen Charakters im Repertoire von mehr als 350 Puppentheatern in ganz Deutschland vertreten. Das brandenburgische Elbe-Elster-Land ist ein lebendiges Spielzentrum. Hier widmen sich das Mitteldeutsche Marionettentheatermuseum und das Internationale Puppentheaterfestival der Tradition der Kasperfigur in der Region und seinen Verwandten in aller Welt.
